Interview Roger Rea - Waldmeister

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Interview mit Roger Rea - Autor des Buches Hippies Nerver Die

ERZÄHL EIN BISSCHEN WAS VON DIR...
Geboren in Zürich, gelernter Drucker... ich sag immer ich hab gelernt mich von der Arbeit zu drucken.
Hmm, wie weit soll ich ausholen?

SO WEIT WIE DU WILLST...
Im Jahr 1976 gab es in der Schweiz 2 Radiosender, der eine war Radio Beromünster (das heutige SRF) welches klassisch und Ländler-Gugus gespielt hat und der zweite Sender hatte Oper und solches Zeugs gespielt. Es hatte also nichts für die Jungend. Ein Kollege von mir, der einige Jahre auf der Nordsee für ein Piratenradio Sender auf einem Schiff gearbeitet hatte, er arbeitete für Radio Caroline oder Radio Luxemburg, welche einfach ausserhalb der 3 Meilen Zone gewesen waren und von dort aus das Ufer beschallt hatten. Eben dieser Kollege kam in die
Schweiz und sagte „so nöd, do mached mir jetzt en Piratesender“. Gesagt, getan, wir waren die ersten welche in Stereo gesendet hatten. Wir haben zwei Antennen auf das Dach gestellt. In der Folge fuhren die PTT (die frühere Schweizer Post) und die Polizei immer an uns vorbei und konnten nicht eruieren woher die Frequenz kam. Wir spielten Deep Purple, Led Zeppelin und so weiter...

Radio Atlantis hiess der Sender, welcher auch von der Presse wahrgenommen wurde. Eines Tages hatte der Kollege die Idee; wir gehen auf den Etzel im Kanton Zürich, haben dort den kleinen Saal im Restaurant gemietet um unser Vorhaben durchzuführen. Zur „Sicherheit“ haben wir auf jeder Zufahrtsstrasse einen Kollegen platziert, mit einer Kiste Bier als Verpflegung, sodass sie dann eine Meldung machen konnten, wenn die Polizei kommen würde.
In einem anderen Fall, im Aargau Kanton, haben wir einen Kollegen in einer Telefonkabine platziert, haben daraufhin die Telefonnummer der Telefonkabine durchgegeben und so ein Wunschkonzert abgehalten. Die Leute riefen dann dort an und er hat uns die Wünsche weitergegeben. So lief dies alles noch vor der Internet zeit. Wir waren dann mitten im Wunschkonzert, da ging auf einmal die Türe auf und die Polizei sowie auch die PTT kam herein. Sie fuhren auf einer Zufahrtsstrasse wo eigentlich ein Kollege die Aufsicht gehabt hätte, jedoch war der bereits so im Delirium vor lauter Bier, dass er es gar nicht mehr bemerkt hatte, dass die Polizei vorbei fuhr.
*Nostalgisch* Deep Purple, smoke on the water... Mein Kollege im Studio, geistesgegenwärtig, hat die Musik abgestellt und das Mikrofon angemacht. Somit konnten die Zuhörer mithören wie sie uns auseinander nahmen. Damals gab es 10’000 Franken Busse, das war sehr viel Geld. Auf dem Sender haben wir immer ein bisschen indirekte Werbung gemacht, in dem Sinn von wegen; wenn du mal gute Schallplatten brauchst, geh da in diesen Laden etc.
Mein Kollege lief nach dem Vorfall mit der Polizei herum mit der Message: „eben von wegen Radio Atlantis, dies sind wir, wir wurden enttarnt, nun haben wir eine Busse. Wir haben ja für euch ein bisschen Werbung gemacht, wollt ihr uns helfen diese Busse zu tragen?“
Dann in einem Laden sagte der Besitzer... „ah dies seid ihr, hier habt ihr 10000 Franken und gleich nochmals 10000. Geht und beginnt nochmals von neuem, ich finde Radio Atlantis einfach toll!“
Mein Kollege hatte eine Reliefkarte der Schweiz und hat bemerkt, dass es eine gerade Linie von Italien nach Zürich gibt, ohne höhere Berge dazwischen. In Italien kannst du ein Privatradio 24h nonstop laufen lassen; die einzige Auflage die man hatte war, dass auf 24h Sendezeit 1h in italienisch gesendet werden muss. Dies konnte auch am morgens um 03:00 sein, wenn eh alle am schlafen sind.

OK, WIE HEISST DENN DER BERG IN ITALIEN?
Pizzo Groppera. Darauf gingen wir dort hin, haben uns das Ganze angesehen und dann das Stück Land auf dem Gipfel gekauft. Dann haben wir uns überlegt wie wir das ganze Projekt finanzieren können. Hier hatten wir die Idee, eine Roadshow zu machen, eine Art mobile Diskothek.
Wir hatten dann für die nächsten Veranstaltungsorte eine Art Telefonbeantworter besprochen mit Infos, wo die nächste Party steigt und am Schluss noch ein paar vage aussagen zu unserem bevorstehenden Projekt gemacht.
Eines schönen Tages klopfte es an der Tür, na da schau her, Herr Robert S. stand vor uns... er habe da was von einem Radio gehört, er hätte Interesse hier auch einzusteigen. Mein Kollege sagte ihm es sei schön, dass er sich dafür interessiere, zur Zeit sei aber alles noch in den Kinderschuhen. Wenn es dann konkreter werde, komme er auf ihn zurück...
Ich sagte dann zum Kollegen, du weisst schon wer dieser Herr Robert S. ist? Hat eine TV Sendung. eine Produkt-Test Sendung, welche es heutzutage noch gibt...komisch war, dass bei dieser Sendung immer das gleiche Unternehmen am besten abgeschlossen hatte bei diesen Tests. Ebenfalls merkwürdig war, als er nicht mehr für diese Sendung arbeitete, war er 2 Wochen später Chefredaktor dieses Unternehmens welches immer am besten abgeschlossen hatte.
Anyway, wir spannten dann mit Hazy Osterwald zusammen, er hat uns darauf dann einen Gig vermittelt. Es gab damals auch in Österreich ein Hazy-Land am Wörthersee... lief alles sehr gut.
Aus unerklärlichem Grund habe ich dann auf dem nach Hause weg von Österreich eine Zeitung gekauft, ich kaufe ja sonst nie Zeitungen. Dann lese ich darin, dass Robert S. mit seinem Radiosender aus Italien sendet, na was läuft denn hier?
Zur gleichen Zeit war mein Kollege bereits bei der General Electrics in den USA. Dort haben wir die Antennen für unser Radiosender Vorhaben bestellt. Weil der besagte Kollege der Techniker war, hat er sich um die Besorgung gekümmert.
Als wir erfahren haben, dass Robert S. aus Italien sendet, gingen wir zu unserem Anwalt, na da schau her, den gibt es gar nicht mehr... es war vermutlich so; dass er Geld bekam für das, dass er Robert S. unsere ganzen Pläne verkauft hatte.
Dann sind wir natürlich mit den ganzen Geschehnissen vor die Presse, immerhin wir hatten einen rechtsgültigen Vertrag für das Stück Land auf dem Berg in Italien. Mittlerweile hatte aber Robert S. das doppelte für das gleiche Stück Land bezahlt. Es ging dann hin und her, schlussendlich trafen wir uns in Mailand vor Gericht mit ihm. Dort konnte er sich auch wieder mit Geld „freikaufen“, am Ende waren die Bösen. Als er dann seinen Sender am laufen hatte, wollte er sich überall in den Medien rechtfertigen für das geschehene.
Ok, dann haben wir telefonisch ein 1:1 live Interview am Radio vereinbart. Das fiese war, als wir live drauf waren, dass jedes mal wenn mein Kollege was sagte, der Sender abgestellt wurde, womit also seine Kommentare gar nicht übertragen wurden. Am Schluss entschuldigte sich Robert S. für die technischen Störungen.
Anyway, früher gabs noch die TV Sendung „Heiner Gautschy zu Gast bei...“ oder so ähnlich. Er ging dann eben 1x zu Robert S. Am Schluss des Interviews wollte Heiner eben auch noch wissen wie dies denn mit Radio Atlantis gewesen sei, dann „boom“ Stromausfall im ganzen Haus. Heiner schaut zum Fenster raus und bemerkt, dass nur das Haus von Robert S. Stromausfall hatte. Heiner sagte er habe dies noch nie erlebt, er mache seit 25 Jahren Live Sendungen und ausgerechnet nur in diesem einen Haus gabs Stromausfall und nicht in der ganzen Strasse.
Also alles schön „getimed“. Leider war die Sendezeit nun fertig, die Zuhörer könnten sich aber selber denken was davon zu halten sei.
Naja, also meine Idee war es, dass ich nach Jamaica gehe, dort nach Bands suche und neue „Scherben“ auftreibe und diese dann an unserem Radio laufen lasse. Wir hatten 2h Reggae pro Tag geplant. Dieses Vorhaben ging natürlich Bach ab wegen unseres Herrn Robert S. Schlussendlich ging ich auf meine Kosten nach Jamaica, ich arbeitete im Sommer in einer Eisenschmiede um Geld zu verdienen. In Jamaica angekommen habe ich Rasta's kennengelernt und ging mit ihnen in die Berge. Nachdem wir dort oben ein Jah live geraucht hatten, hatte ich die Erleuchtung und ich war mir sofort bewusst, dass das was ich in meinem Leben nie mehr brauchen werde ein Briefkasten ist. Denn wenn man einen hat, schieben sie dir alles mögliche Zeugs rein, zahl dies, mach das, Versicherungen und so weiter.
Ich lebe seit 1981 ohne Briefkasten, ohne Versicherung, ohne Krankenkasse, ohne irgendwo angemeldet zu sein...
Irgendwann im laufe der zeit konnte ich einen Deal mit den Schweizer Behörden machen. In der Schweiz muss ja jeder Mann zum Militärdienst und die untauglichen bezahlen eine sogenannte Militärpflichtersatzsteuer. Nachdem ich das Minimum dafür bezahlt hatte, stellten sie mir einen „Auslandsurlaub“ aus.
Auf diesem Papier dann der Vermerk „voraussichtlicher Wohnort im Ausland, Weltenbummler, und eine passende Artikel Nummer gab es auch noch obendrauf. Dies bedeutet, dass ich keine Steuern zahlen muss und dass ich mich 3 Monate am Stück in der Schweiz ohne anzumelden, aufhalten darf .
Als ich damals in Jamaica war, gaben sie mir ein Visa für 6 Wochen nachdem sie sahen, wieviel Geld ich bei mir hatte. Ich besass 7000.- Nach 5 Wochen hatte ich beinahe das doppelte an Geld, denn die Jamaikaner dürfen kein Ganja Business machen. Also übernahm ich kurzerhand diesen Part. Nachdem die 6 Wochen vorbei waren, plante ich meine Reise nach Südamerika fortzusetzen. Ich flog also mit meinem Ticket zurück nach Miami, beim Securitycheck kam dann mein Hanfdösli hervor und die Secis versuchten dann krampfhaft dieses zu öffnen.
Irgendwie haben sie es dann geschafft und zum Vorschein kam eine verschwindend kleine menge Gras. Als folge davon haben sie mich dann nach London abgeschoben, denn dorthin hatte ich ja noch ein Rückflug in der Tasche. Dort angekommen, überlegte ich mir, wohin ich als nächstes gehen werde. Indien war ausser frage, da damals die Flüge unglaublich teuer waren. Also entschied ich mich für eine Reise nach Marokko, weil man dort gutes Haschisch rauchen kann. Ab dann habe ich in Marokko, Portugal, Spanien und im Süden von Frankreich gelebt und gearbeitet. Irgendwann habe ich dann in Marokko einen Musiker kennengelernt. Wir waren in einem Kaff ohne Strom und der Musiker spielte auf einer E-Gitarre, er hatte den Strom von seinem VW Bus, den er abwechslungsweise mit 2 Batterien betrieb. Es war ein cooler Typ aus Deutschland, war viel gereist und hatte unter anderem lange Zeit in Afghanistan gelebt Er hatte Pläne mit ein paar grossen Bussen nach China zu fahren, denn China öffnete damals gerade die Grenzen. Er spielte in Österreich in einer Band und wollte ein Konzert auf dem Tian'anmen-Square in Peking geben. Ich fragte ihn dann ganz spontan ob sie noch einen Koch bräuchten?
Und so bin ich in dieses Projekt hineingerutscht. Als es dann soweit war, konnte er selbst leider nicht mitfahren und so fuhr ich mit dem Rest der Band los.

DU WARST DANN AUF DIESEM TRIP KOCH?
Nein nein, ich war schlussendlich der Manager der Band.
China schloss bereits seine Grenzen wieder und wir hatten uns ja alles für diese Reise angeschafft... die Busse, Infrastruktur etc.... ja und jetzt, dann habe ich den Vorschlag gemacht, auf dem Landweg nach Indien zu reisen und wir gaben in vielen Ländern auf dem Weg Konzerte.

UND ÜBER DIESEN TRIP HANDELT DEIN BUCH?
Ich hatte dann diesen Trip noch fünf mal gemacht, mit meinem eigenen Reisecar und eigentlich ist ja mein Buch ein Buch mit zwei Geschichten, jedes Kapitel wechselt sich mit der jeweils anderen Geschichte ab. Zum einen die Hauptgeschichte, sozusagen der rote Faden vom Buch, ist die Reise wie ich sie gemacht habe mit Passagieren auf dem Landweg nach Indien. Zum anderen ist da auch die Geschichte mit dem Radiosender und Herrn Robert S. sowie Beschreibungen meiner Reisen nach Jamaica, Marokko, Spanien, Portugal und Frankreich, also eben zwei Stories.
Das Buch soll auch eine Anleitung sein für die jungen Leute, die sitzen hier in der Schweiz und kennen solche Reisen nur von Erzählungen. Ich sag immer; schau dir mal die Weltkarte an, die Schweiz ist so gross wie eine Fliege.


WIESO HAST DU DICH ENTSCHIEDEN EIN BUCH ÜBER DIESE STORIES ZU SCHREIBEN?
Dies ist gar nicht auf meinem Mist entstanden, sondern auf dem meiner Kollegen die wissen wie ich lebe und was ich so erlebt habe. Sie fanden, ich soll doch mal ein Buch schreiben. Ich sagte dann darauf; „wieso soll ich ein Buch darüber schreiben, denn wenn ich in einen Buchladen gehe hat es tausende von Büchern und wieso soll ausgerechnet jemand mein Buch lesen?“
Sie meinten aber, dass meine Stories einzigartig seien, dann ist mir dies irgendwie im Hinterkopf hängen geblieben. Zeit habe ich ja meistens, ich sage immer ich bin Zeitmillionär und Klimaflüchtling, wenn es kalt wird muss ich wieder in die Wärme ziehen. Anyway, ich dachte mir wenn ich dann mal einen Platz finde und vielleicht ein bisschen länger dort verbleibe, dann... und irgendwann vor 6 Jahren hat sich dies so ergeben, dass ich im Himalaya über die Monsun Zeit an einem schönen Flecken blieb. Dort hatte mir jemand sein Haus offeriert und gesagt er wolle dass ich ihm einen Gartensitzplatz, einen Steingarten und ein paar Wege anlege .
Wenn es schön Wetter war habe ich draussen mit ein paar locals gearbeitet und wenn’s regnete, habe ich begonnen an meinem Buch zu arbeiten. Das schwierigste für mich war der Anfang. Mit was soll man beginnen? Es ist ein bisschen wie beim malen, man hat ein weisses Blatt Papier vor sich und weiss nicht recht mit was und wo man beginnen soll. Es ging sehr lange bis es Klick machte und ich irgendwo auf der Reise damit begonnen habe, in Istanbul. Ich erzähle im Buch in der Vergangenheitsform wie wir dorthin gekommen sind. Danach habe ich in der Gegenwart geschrieben und ab jetzt sitzt du als Leser quasi mit mir im Bus und fährst nach Indien.


WIE LANGE HAST DU AN DEINEM BUCH GESCHRIEBEN?
Das ganze dauerte 4 Jahre und ohne einen Verlag im Rücken, musste ich auch das Layout selber machen. Nur beim Editieren haben mir 2 Freunde geholfen, einer in den USA und der andere in Kanada, das Buch ist in English geschrieben, was nicht meine Muttersprache ist. Sie haben einige Passagen ein bisschen witziger rüber gebracht, zum Teil ein par Sätze umgestellt, aber schlussendlich ist es immer noch meine Geschichte.

AUF DEINER HOMEPAGE STEHT JA, DAS BUCH HABE 536 GRAMM AN GEWICHT, HAT DIES IRGENDWELCHE HINTERGRÜNDE?
Ja schon
*lacht*

WIE VIEL SEITEN HAT ES DENN?
Fast 400, und es ist mit 47 Farbfotos bebildert, an der entsprechenden Stelle im Text ist dann der Vermerk see picture 1 und so weiter.

ICH MUSSTE HEUTE SCHMUNZELN ALS ICH LAS „To get 536 grams for only 30
;) Roger: lacht, man muss wissen wie verkaufen ;)

WIE SIEHT ES AUS MIT DER PLANUNG DER REISE?
Es wurde damals nicht viel im Voraus geplant. Was vor der Abfahrt beantragt werden musste war ein carnet de Passage für den Bus und ein Visa für Iran, jenes für Pakistan haben wir in der Türkei gemacht, das Indische haben wir in Islamabad eingeholt, weil es ab dem Tag der Ausstellung gilt. Sprich, wenn du jetzt das Visa beantragst, dann nach Indien fährst, hast du bereits 6 Wochen davon verloren.


UND SONST WAS AN VORBEREITUNGEN?
Eigentlich nichts, we'll see what happen.

WÜRDEST DU JETZT, ANGENOMMEN DU WÄRST GLEICH ALT WIE DAMALS, DAS GANZE NOCHMALS MACHEN?
Gar keine Frage, dies auf jeden Fall. Obwohl es jetzt einiges schwieriger geworden ist. In gewissen Ländern kommt man nur noch mit Polizei Begleitung herum, es ist also nicht mehr das gleiche wie damals.

ABER ES HAT JA BEI DIR DEN TRIGGER GEBRAUCHT, DEN BERG IN JAMAICA...?
Ja da habe ich gemerkt, dass ich nicht in den Fängen des Systems leben will und kann. Wahre Freiheit findest du nur ausserhalb von Pflichten und Obligationen.

ALSO WENN DU NICHT IN JAMAICA GEWESEN WÄRST, HÄTTEST DU VERMUTLICH DEN TRIGGER NICHT GEHABT UM „VOGELFREI“ ZU WERDEN?
Ich denke doch, denn als ich die erste Berufslehre abgebrochen hatte, bin ich von zuhause abgehauen. Also ich habe damals schon gespürt, dass Reisen mein Ding ist. In meinem Blut ist von Grossmutters Seite Zigeunerblut mit drin.

THEMA MUSIK?
Ja dies hat ja schon recht früh begonnen, mit diesen Radio und Roadshow Geschichten, ich hab viele mit Bands gearbeitet und war auch öfters on tour, dann hatte ich ein paar Jahre eine bekannte Band in Indien gemanagt. Musik war und wird immer ein Teil von meinem leben sein.

WIE SIEHTS AUS MIT DER MUSIKRICHTUNG GOA, SEHE DICH JA OFT AN PARTIES, WANN BIST DU DAS ERSTE MAL MIT DIESER MUSIK IN KONTAKT GEKOMMEN?
Diese Musikbewegung entstand etwa im Jahr 1989/1990 in Goa selber. Ich habe die Anfänge und ersten Partys hautnah miterlebt und mitverfolgt.

WANN WARST DU MIT DEM BUS UNTERWEGS NACH INDIEN?
Das erste mal im Jahr 1989. Ich bin insgesamt sechs mal auf dem Landweg hin - und her nach Indien und Nepal gefahren. 1996 war dann Schluss.


ALSO AUF DIESER REISE HAST DU SOZUSAGEN AUCH DIESE MUSIKRICHTUNG KENNENGELERNT?
Ja, in Goa ist dies dann so richtig aufgekommen. Wir waren das erste mal mit einer Band in Goa. Zu dieser Zeit war die Live gespielte Musik noch ein wichtiger Teil dort. Ein wenig später hat es dann begonnen mit elektronischer Musik. Damals wurde noch mit Musikkassetten aufgelegt. Parties an Vollmond haben in Goa eine lange Tradition. So kam es dann auch, dass an Trance Partys auch die Chai Verkäuferinnen von Anfang an dabei waren. Wenn einmal die Location feststand, dann haben viele aus freien Stücken ihren Beitrag dazu geliefert.
Einige machten Kuchen, andere kümmerten sich um die Dekoration des Platzes.... So sind die Parties entstanden, wir hatten damals ein mittelmässiges Soundsystem. Nach Jahren kam ich wieder mal in die Schweiz und da fragte mich ein Kollege ob ich mitkomme an eine Goa Party. Ich fragte: „Was für ein Ding, Goa Party, was ist das denn?“ Der Kollege sagte da läuft so Goa Musik... ok, das wollte ich mir anschauen... Wir fuhren ins Tessin und haben dort nach der Party gesucht.
Am Eingang konnte ich nicht nachvollziehen, dass da Eintritt verlangt wurde, denn dies war mir fremd. In Goa waren die Partys alle umsonst. Anyway, wir waren dort und dann habe ich jemanden gesehen der Chai verkaufte, ich bestellte mir einen und er war wirklich ungeniessbar. Ich sagte mir, weisst was; das kann ich besser. Und so kam es, dass ich fast 10 Jahre lang an den Parties im Sommer in der Schweiz meinen Chaishop namens T4Tibet geführt habe. Bei jedem verkauften Chai habe ich 1.- zur Seite gelegt um es in ein Projekt zu spenden, welches ein Spital in Tibet gebaut hat.

UND WAS IST DARAUS GEWORDEN?
Es hat funktioniert, das Spital steht und läuft.

GRATULIERE
T4Tibet, viele der Party Organisatoren haben dies dann auch begriffen und haben mir zum Teil die Standmiete erlassen und gesagt, ich soll das Geld für mein Tibet Projekt anlegen. Am Anfang, als ich damit begonnen habe, war gut die Hälfte der Leute jene mit welchen ich im Winter in Goa Party gemacht habe. Irgendwann musste ich dann aber feststellen, dass ich plötzlich keinen der Besucher mehr kannte. Es hatte ein Generationenwechsel in der Szene stattgefunden. Es gab dann plötzlich diesen übertriebenen Mischkonsum, die Leute hauten sich alles mögliche an Drogen rein. Macht euch doch mal ein paar Gedanken, woher der Name Psy Trance kommt. Das ist die Abkürzung für Psychedelisch und hat doch null mit Alkohol zu tun. Ok, ich kann ja nicht sagen verkauft keinen Alkohol mehr, aber das hat nichts mit Psy an und für sich zu tun.

ABER ALKOHOL GEHÖRT HEUZUTAGS ZU JEDER PARTY DAZU, AUCH UM DAMIT GELD ZU MACHEN?
Ja das ist dann halt wieder des Veranstalters Begründung um die Spesen zu decken etc. 1Liter Wasser für 5 Franken, aber Hallo? Wir waren mal in Grüsch, dort hat der Veranstalter an der Party einfach das kalte Wasser auf den Toiletten abgestellt, es gab nur heiss Wasser, dass man nicht trinken konnte, sprich man musste Wasser an der Bar kaufen. Hippies hallo, brother, sister?
Ich hatte an meinen Chaishop einige Kollegen dabei, die mithalfen, oft auch Tibetische Flüchtlinge, weil das Projekt ja für Tibet war. Denen war es sowieso langweilig, am Wochenende irgendwo in einem Keller zu sitzen. Ihnen habe ich die Reise bezahlt, einen guten Lohn gegeben und sie freuten sich auf die Abwechslung. Ich konnte dank ihnen auch mal Weg vom Stand. 2-3h auflegen und dann wieder zum Chaishop.

ALSO NOCHMALS DAS THEMA MUSIK, ICH DENKE DU HÖRST JA NICHT NUR PSY? WAS IST DEINE MUSIK WO DIR DAS HERZ AUFGEHT?
Das ist Rock'n'Roll und Reggae.

IRGEND EIN INTERPRET? SAGEN WIR MAL WENN DU ES REDUZIEREN MÜSSTEST UND NUR NOCH EINE CD HABEN DÜRFTEST...?
Ui, jetzt wird’s schwierig... Led Zeppelin.

UND AUF GOA RUNTERGEBROCHEN?
Ja immer Psy-Trance, also mit Dark und so kann ich gar nichts anfangen, das ist wie Spitzensport, nichts für mich. Ich weiss nicht was man da einpfeifen muss um dies dann gut zu finden. Das sollte mehr spährische Klänge haben, was zum Fliegen, Geräusche und so muss einfach sein, denke hier verstehen wir uns ;)

JA GENAU; HIER VERSTEHEN WIR UNS GANZ GUT ;)
Ich hatte mal einen DJ Kollegen der mitkommen wollte nach Goa um aufzulegen. Als er dann dort in der Nine Bar aufgelegt hatte, war er der erste DJ der am Schluss seines Sets ausgepfiffen wurde. Es ist schon eine andere Szene in Goa als hier in der Schweiz. Hier hat sich mittlerweile eine riesige Egoszene entwickelt, es ist nicht mehr wirklich ein miteinander.

DU HAST JA AUCH SCHON AUFGELEGT, WANN HAST DU DAMIT BEGONNEN?
Unter dem DJ Namen Indiaroger bin ich seit etwa 1998 am auflegen. Vor 2 Jahren (2014) bin ich mit meinem Kollegen Raja Ram am One Love Festival über den Platz gelaufen um einen Chai trinken zu gehen. Da hab ich zu ihm gesagt, wer von uns hätte damals vor 25 Jahren gedacht, dass aus dem damaligen Experiment so eine mega Geschichte wird, dass man plötzlich in der Weltgeschichte umher jettet und obendrauf auch noch eine Gage dafür bekommt. Er antwortete „dies sei eigentlich der Wahnsinn“ wir sind damals von einem Hype von 3-4 Jahren ausgegangen, dann wäre die Geschichte wohl wieder gegessen.


ALSO ICH WEISS JA NICHT WAS DIE NAMHAFEN DJ's AN SOLCHEN EVENTS VERDIENEN, ABER ICH DENKE IN DER REGION VON 5000-10000 FRANKEN.
Ja dies sicher.

WANN HAST DU DENN DAS ERSTE MAL AUFGELEGT?
Als DJ Indiaroger war ich irgendwann im Jahr 1998 das erste mal unterwegs.

HATTEST DENN EINEN KOLLEGEN DER DIR DAS DJING BEIGEBRACHT HAT, ODER WIE KAMS DAZU?
Das habe ich mir mehrheitlich selber beigebracht, ab und zu zeigte mir ein Freund ein paar kniffs. Viele Kollegen hatten geile CDs und ich stellte damit meine Setliste zusammen. Das ging dann von stunden - bis zu tagelang mit der Beschäftigung einen guten Flow zu kreieren und die Leute auf eine psychedelische Reise mitzunehmen.

BETREFFEND DEN UNTERSCHIEDEN VON DEN ALTEN ZU DEN NEUEN PARTIES, MEINES WISSENS HAST DU JA AUCH WAS IM BUCH ÜBER DIESES THEMA?
Ja genau, das ist dann am Ende des Buches im Kapitel „its better in Goa“. Dort ist es explizit beschrieben wie diese Partys damals entstanden sind es waren familiäre Happenings unter Mitwirkung von LSD.

WENN DU DIE PARTIES IN GOA MIT DENEN HIER IN EUROPA VERGLEICHST, WELCHE PARTY HAT DEN SPIRIT NOCH?
Es gibt leider sehr wenige die den Spirit noch haben.

KANNST DU AUCH IRGENDWELCHE BENENNEN?
Also ganz sicher steht das Boom Festival ganz oben auf der liste.

OZORA?
Ja, teilweise. In der Schweiz das „One Love Festival“, dies ist mit Herzblut und Liebe gemacht, auch das Shankra hat gute Ansätze. Ach ja, die VooV zum Anfang, die ersten VooV's waren auch super. Einmal bin ich direkt von Goa mit dem Bus an die VooV gefahren.

DIES IST ABER NICHT MER DAS GLEICHE WIE DAMALS, ZUR ZEIT GIBT ES SOZUSAGEN EINE NEUAUFLAGE DAVON?
Nein ist nicht mehr das gleiche, es ist eine andere Organisation etc.

DJ NAME? HAB NICHT GEWUSST, DASS DU AUCH DJ BIST?
Ich trete unter dem Namen Indiaroger auf.

OK, NUN ES GEHT FÜR DICH BALD WIEDER NACH INDIEN, WIE LEBST DU DORT?
Also früher hatte ich verschiedene Hobbies, Aktivitäten etc. Wie schon gesagt, 5 Jahre lang hatte ich dort eine Band gemanaged, Kreuz und Queer durch Indien. Auch habe ich ein Grossteil von meinem Buch in Indien geschrieben, da kümmere ich mich nun intensiv um die Werbung und den Vertrieb. Wie gesagt es ist alles eine one man show, also keinen Verlag, keine Distribution, mache dies alles selber. Ich habe letztes Jahr das erste mal begonnen die Bücher in Goa auszuteilen und hatte am Ende der Saison etwa 250 Stück verkauft. Im Frühjahr habe ich im Himalaya Bücher ausgelegt, welche über die Monsoon Zeit verkauft wurden. In Rajasthan wartet noch eine volle Kiste zum verteilen und in Goa sind auch noch welche für die kommende Saison eingelagert.

DU FÄHRST AUTO IN INDIEN?
Ja, ab und an.

JESSES GOTT
Auto und Motorrad, wobei ich das Motorrad bevorzuge, denn in Indien kann man vielerorts noch ohne Helm fahren, und kommt schnell an den Staus vorbei.

WIE SIEHTS MIT DER AUFLAGE AUS?
Da kann ich immer wieder nachbestellen wenn ich sehe es geht dem Ende zu.

ALSO MAL SO 100 STK NACHBESTELLEN?
Also wenn ich nur 100 möchte wird’s schwierig, so viel habe ich in der Schweiz, das ist dann ein Digitaldruck, dies bedeutet das Buch wird schwerer und die Papierqualität ist besser. Wenn ich es in Indien machen lasse, kann ich 500 drucken lassen, auf einer Grossmaschine. Etwas leichteres Papier und so weiter, dann wiegt das Buch auch weniger, was ja auch gut ist. Man kann ja nur 23kg mitnehmen auf den Flieger und wenn du dann noch ein schweres Buch dabei hast, überlegst du dir zweimal, ob du dir eins anschaffen willst. Also dies ist zur Zeit mein Ding, meine Bücher.


UND NACHHER?
Ja nachher gehe ich nach Hampi, mein kleines Paradies, Hampi in Karnataka, dort habe ich ein Haus mit riesigem Garten gemietet, ab von allem.

KANN MAN DICH AUCH BESUCHEN?
Ja, das kann man auch, einfach eine Mail senden.

EINE ZWEITAUFLAGE MIT DEM TITEL MEIN LEBEN IN INDIEN ODER SO GIBTS NICHT?
Ach du meinst ein Nachfolgebuch? Also ich muss sagen auf dies bin ich schon einige male angesprochen worden, Material hätte ich noch genügend zu erzählen, aber ich selber nochmals 4 Jahre vor dem Laptop sitzen... Ich müsste es jemandem erzählen und der schreibt, sozusagen wie ein Ghostwriter, dann sicher. Aber ich alleine alles schreiben, dann nochmals korrigieren und nochmals umschreiben und so weiter, ist mir zuviel aufwand. Es ist ja nicht nur das schreiben, da kommt ja auch noch das Layouten hinzu, da habe ich einen Kollegen in Basel der mir viel geholfen hatte beim Buch, ein Grafikdesigner. Er hat mir gesagt wie man die Satzstellungen etc macht und hat mich virtuell das Adobe InDesign gelehrt. Für dies ist dann nochmals ein halbes Jahr draufgegangen.

VIELEN DANK FÜR DIE ZEIT ROGER!

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